Kolloquium Geoinformation: Die „neuen“ Atlanten - eine kritische Einordnung des aktuellen „Atlasbooms“

30. November, 15:45 Uhr, Campus Oldenburg, Hauptgebäude HB 1 E22

Landkarte in einem Atlas mit gesteckten Fähnchen

Vortrag von Dipl.-Geogr. Eric Losang, Leibnitz-Institut für Länderkunde Leipzig

Online-Übertragung
Es ist ebenfalls möglich, online an der Veranstaltung teilzunehmen. Die Zugangsdaten werden am Tag des Kolloquiums auf der Veranstaltungsseite bereit gestellt.

Thema
Wann immer der erste Atlas der Welt deren Licht sah, – gerne werden hier Abraham Ortelius Werk Theatrum Orbis Terrarum (Weltbühne) oder wegen der Namenskongruenz der Atlas, sive Cosmographicae Meditationes de Fabrica Mundi et Fabricati Figura von Gerhard Mercator ins Feld geführt – seit Jahrhunderten hat sich diese Publikationsform räumlicher Daten stetig verändert. Thematische Fokussierung und Inhalte, Organisation, Produktionsverfahren von Karten und Druckverfahren - technologischer Fortschritt hat Atlanten vermeintlich perfektioniert.
Dabei hatte die Entwicklung digitaler Medien Ende der 90er Jahre den Niedergang gedruckter Publikationen bereits heraufbeschworen und skizzierte eine digitale Zukunft von Atlanten, in der Printatlanten eher Liebhaberstücke als weithin genutzte räumliche Wissensmedien darstellten. In einer Übergangsphase Anfang der 2000er Jahre kamen zahlreiche digitale Atlanten auf Datenträgern in den Handel und untermauerten die Entscheidung einiger Verlage, ihre Produktion klassischer Handatlanten einzustellen. Einzig Verlage mit Schwerpunkt auf der Veröffentlichung von Schul- und Wissensmedien setzten – insbesondere hinsichtlich der technischen Möglichkeiten in Schulen – weiterhin auf Printatlanten, deren Inhalte durch digitale Datenträger und Online-Angebote ergänzt wurden.
Vor dem Hintergrund des sich durch alle Wissenschaftsbereiche ziehenden und letztlich auch das tägliche Leben beeinflussenden epistemischen Spatial Turn im sogenannten Visual Age, haben nicht nur Geistes- und Umweltwissenschaften den Wert von gedruckten Atlanten als nicht-flüchtige Informationsquellen (wieder-)entdeckt. Daneben nimmt seit Mitte der 2010er Jahre die Zahl von Atlaspublikationen mit starkem nachrichtlichen, datengetriebenen und (populär-)wissenschaftlichen Hintergrund zu. Vom Atlas für Neugierige (Untertitel: Kuriose Karten, die Ihre Sicht auf die Welt verändern), dem Atlas der erfundenen Orte (Untertitel: Die größten Irrtümer und Lügen auf Landkarten) bis hin zum Atlas der melancholischen Orte (Untertitel: Eine Reise um die Welt vom Mount Hopeless bis ins Harzer Elend) – die Regale der Buchhandlungen werden von neuen Atlanten erobert.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, versucht der Vortrag eine Einordnung dieser Atlanten und wirft einen kritisch-kartographischen Blick auf Inhalte und Aussagen und die verwandten (geo-)graphischen Visualisierungsformen und ihre möglichen Einflüsse auf die Konstruktion und Strukturierung von Wissen.

Die Kolloquien Geoinformation an der Jade Hochschule werden vom Fachbereich Bauwesen Geoinformation Gesundheitstechnologie in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Vermessungsingenieure e.V. (VDV), der Bezirksgruppe Oldenburg-Bremen des Deutschen Vereins für Vermessungswesen (DVW), der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation (DGPF) und der Deutschen Gesellschaft für Kartographie (DGfK) veranstaltet.